Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
kriegsmaschinedraft1
 
Der Irak-Kriegs-Konsument ist auf der Höhe der Zeit drogenabhängig. Zuerst durch das monatelange Tauziehen vor der UNO so richtig heiß gemacht, war die erste Woche ein durchgehender Inforausch. Der beliebte simultane TV- und Netz-Konsum macht aus jedem Wohnzimmer einen echten News-Room und für den aufmerksamen Süchtigen war es ein leichtes, sich auf den Wellenkamm zu schwingen und immer irgendeiner Redaktion voraus zu sein. Verstärkt wurde der Effekt selbstredend durch das Pseudo-Medien-kritische Geschwätz, das jetzt zur Grundausstattung jeder Teleprompter-Einheit gehört. "Angeblich" ist das Zauberwort, das aber in der Kombination mit dem Bilderstrom im Kopf des Süchtigen nur einen Schluss zuläßt: Irgendwo in dieser Pixel- und 8-Bit-Sound-Suppe muss sich die Wahrheit verbergen, man muss nur genug Ausdauer und Hartnäckigkeit an den Tag legen. Als untrügliches Indiz für eine Spur werden fortan kleine Widersprüche und Rissse im Stream gewertet. Und davon gibt es selbstredend reichlich, allein weil die "Profis" in den Sendern genauso übermüdet und kopflos agieren wie der Warjunkie und so aus einem Hinterhalt nahe Basra zwei Kanäle weiter ein energischer Vormarsch "70 Kilometer südlich von Bagdad" wird. Spätestens in der zweiten Woche überhitzt die eingebette Sofa-Kartoffel und im Fieberwahn kommen zu den offensichtlichen Widersprüchen auch noch die subtilen, erahnten oder auch nur hallizionierten Ungereimtheiten. Alles wird unsicher und bleibt gleichzeitig hoch dramatisch. In dieser Situation bleiben als einzige Freunde die inzwischen lieb gewonnen Experten-Onkel, von denen man ganz selbstverständlich annimmt, dass sie ihre WKII-Feldbetten in der Maske aufgestellt haben und deshalb jederzeit für einen da sind, um die Minutenschnippsel mittels ungelenken Pfeilen zu einer Stundenlage zu klären. Solcherart weich gekocht und in der dritten Woche auch körperlich ausgelaugt, muss die "Befreiung Bagdads" als echte Erlösung begriffen werden und der Warjunkie weint vor Rührung, wenn die Iraker endlich mal Jubeln oder wenn der kleine Achmed um Armprothesen bittet. Im Ergebnis dürfte die Psy-Ops des Pentagon also hoch zufrieden sein, ob das ganze in dieser Form geplant war, ist allerdings wieder mal nur "mutmaßlich". [De:Bug 5.03].
jefferson meinte am 11. Apr, 21:22:
Three Kings
Hat eigentlich irgendjemand "Three Kings" gesehen und erinnert sich dran? Dieser total großartige Hollywoodfilm über den zweiten Golfkrieg mit Ice Cube, Mark Wahlberg und George Clooney? Da musste ich während des Kriegs öfters dran denken. Vor allem diese Eingangsszene, wo der Krieg eigentlich schon vorbei ist, und einer der drei dann seinen ersten gegnerischen Soldaten erschießt, und sie dann alle ein wenig ratlos um die Leiche herumstehen. Und auch die Szene, wo Mark Wahlberg von der irakischen Armee gefangen genommen wird und er versucht der US-Army seine Position durchzugeben, damit er befreit werden kann und er all die Handys durchprobiert, die in dem Raum rumliegen, in dem er eingesperrt ist, all die Handys, die die Iraker den Kuweitis geraubt haben und er schließlich seine Frau in dn USA anruft, damit sie die Nachricht an das Centcom weitergeben kann.
Ich hatte ja auch das Gefühl, dass der ganze Krieg der Dramaturgie eines Films folgte, allerdings ein einiges Film, der einiges konventioneller ist, als "Three Kings". Dass jetzt überall die Regierungsgebäude geplündert werden, ist da quasi die vorletzte Einstellung. Das Machtvakuum als letzter Moment vor der Wiederherstellung der Ordnung.  
ferromonte meinte am 11. Apr, 22:59:
gratuliere waldt,
du bringst es auf den punkt. ich bin selbst verwundert, wie sehr ich auf diesen stoff reagiert habe und auch erschüttert. diese suchen nach der "wahrheit in dieser pixel- und 8-bit-sound-suppe" war ein peinliches irrelaufen, das letztendlich doch menschlich, allzu menschlich ist, um einen zu bemühen, der unbestechlich war.
nunmehr macht sich unendliche müdigkeit breit. man fragt sich, wie man nur so blöd sein konnte darauf reinzufallen, wie man seine körperchemie so mißbrauchen konnte und so viele tage lebenszeit für diesen irrsinn opfern konnte.
ein zynischer standpunkt ist alles, was bleibt. um einen ehemaligen prof. an der uni zu zitieren: "wir stehen halt alle auf dem untergehenden schiff und analysieren mit, solange das noch geht." 
 

resident of twoday.net
powered by Antville powered by Helma
AGBs xml version of this page