Das ist ein Textchen, was ich vor zwei Tagen für die taz geschrieben hab:
Antikriegsbewegungen haben es gut: Sie brauchen keine stringente Argumentation, ein deutliches "Nein!" reicht. Niemand mag schließlich Krieg. Ich nicht, du nicht, er nicht und sie auch nicht. Im Falle des Irakkriegs kommt noch hinzu, dass die Argumente, die von der US-Administration ins Feld geführt wurden, sich so häufig änderten, dass man als Antikriegsbewegung gar keine eigene Argumentation brauchte, um guten Gewissens gegen den Krieg zu sein: Es schien ja alles so durchsichtig. Ja, konzedierte man reflexhaft, Saddam Hussein ist ein übler Diktator, aber Krieg ist keine Lösung und macht alles nur noch schlimmer.
Dass die Antikriegsbewegung sich bis vor wenigen Tagen gegen einen Krieg richtete, der noch gar nicht angefangen hatte, gereichte ihr durchaus zum Vorteil. Auch wenn sich wenige Kriegsgegner Illusionen darüber gemacht haben dürften, den Krieg tatsächlich verhindern zu können, so konnte man sich doch in dem Gefühl wiegen, ihn ein wenig zu verzögern.
Nun hat der Krieg aber angefangen, und auf den ersten Blick (das ist der auf den Bildschirm) ist man paralysiert. Alles scheint genau so zu kommen, wie man es prognostiziert hat. Menschen sterben, Häuser stürzen ein, es ist die Stunde der Militärs. Auf den zweiten Blick (das war zumindest für fast 200.000 New Yorker am vergangenen Samstag der aus dem Fenster) stellt man fest, dass der Frühling angefangen hat, und man geht auf die Straße, um zu demonstrieren.
Doch auch wenn der reale Beginn des Krieges die Antikriegsbewegung zu bestärken scheint - trotzdem hat man auf diesen Demonstrationen das Gefühl, sich unter Leuten zu bewegen, die dabei sind, sich von der Realität abzukoppeln. Ein wenig fühlt man sich an das Verhalten eines Teils der deutschen Linken in den frühen Neunzigern erinnert, der, auch als Deutschland schon nicht mehr aus zwei Staaten bestand, noch immer darauf beharrte, gegen die Wiedervereinigung zu sein. Politikunfähigkeit nannte man das damals stolz und hielt es für eine Tugend, weil man dem Lauf der Dinge glaubte auch dann noch gute Argumente entgegenhalten zu wollen, als dieser längst über einen hinweggegangen war.
"Hallo!", fühlt man sich versucht zu rufen, "wir können den Kriegsausgang nicht mehr beeinflussen; wenn wir sicherstellen wollen, dass die Iraker tatsächlich jene Demokratie bekommen, die ihnen versprochen worden ist, sollten wir besser auf einen möglichst raschen Sieg der Alliierten hoffen." Und gleichzeitig regen sich die etwas radikaleren Persönlichkeitsanteile und brummen, dass dieses "Nein!" nicht ausreiche. Im Gegenteil, einfach nur gegen den Krieg zu sein, verschleiere, dass der größere Konflikt nicht mit dem Irakkrieg begonnen habe und mit ihm auch nicht enden werde.
Antikriegsbewegungen haben es gut: Sie brauchen keine stringente Argumentation, ein deutliches "Nein!" reicht. Niemand mag schließlich Krieg. Ich nicht, du nicht, er nicht und sie auch nicht. Im Falle des Irakkriegs kommt noch hinzu, dass die Argumente, die von der US-Administration ins Feld geführt wurden, sich so häufig änderten, dass man als Antikriegsbewegung gar keine eigene Argumentation brauchte, um guten Gewissens gegen den Krieg zu sein: Es schien ja alles so durchsichtig. Ja, konzedierte man reflexhaft, Saddam Hussein ist ein übler Diktator, aber Krieg ist keine Lösung und macht alles nur noch schlimmer.
Dass die Antikriegsbewegung sich bis vor wenigen Tagen gegen einen Krieg richtete, der noch gar nicht angefangen hatte, gereichte ihr durchaus zum Vorteil. Auch wenn sich wenige Kriegsgegner Illusionen darüber gemacht haben dürften, den Krieg tatsächlich verhindern zu können, so konnte man sich doch in dem Gefühl wiegen, ihn ein wenig zu verzögern.
Nun hat der Krieg aber angefangen, und auf den ersten Blick (das ist der auf den Bildschirm) ist man paralysiert. Alles scheint genau so zu kommen, wie man es prognostiziert hat. Menschen sterben, Häuser stürzen ein, es ist die Stunde der Militärs. Auf den zweiten Blick (das war zumindest für fast 200.000 New Yorker am vergangenen Samstag der aus dem Fenster) stellt man fest, dass der Frühling angefangen hat, und man geht auf die Straße, um zu demonstrieren.
Doch auch wenn der reale Beginn des Krieges die Antikriegsbewegung zu bestärken scheint - trotzdem hat man auf diesen Demonstrationen das Gefühl, sich unter Leuten zu bewegen, die dabei sind, sich von der Realität abzukoppeln. Ein wenig fühlt man sich an das Verhalten eines Teils der deutschen Linken in den frühen Neunzigern erinnert, der, auch als Deutschland schon nicht mehr aus zwei Staaten bestand, noch immer darauf beharrte, gegen die Wiedervereinigung zu sein. Politikunfähigkeit nannte man das damals stolz und hielt es für eine Tugend, weil man dem Lauf der Dinge glaubte auch dann noch gute Argumente entgegenhalten zu wollen, als dieser längst über einen hinweggegangen war.
"Hallo!", fühlt man sich versucht zu rufen, "wir können den Kriegsausgang nicht mehr beeinflussen; wenn wir sicherstellen wollen, dass die Iraker tatsächlich jene Demokratie bekommen, die ihnen versprochen worden ist, sollten wir besser auf einen möglichst raschen Sieg der Alliierten hoffen." Und gleichzeitig regen sich die etwas radikaleren Persönlichkeitsanteile und brummen, dass dieses "Nein!" nicht ausreiche. Im Gegenteil, einfach nur gegen den Krieg zu sein, verschleiere, dass der größere Konflikt nicht mit dem Irakkrieg begonnen habe und mit ihm auch nicht enden werde.
jefferson - am Donnerstag, 27. März 2003, 22:40
Cyberwriter meinte am 27. Mär, 22:53:
gefällt mir gut :-)
und kann ich auch absolut nachvollziehen. Auch ich geriet in den letzten Tagen mitten in eine Schüler-Demo hier in Basel.
Andererseits fällt es mir auch selbst immer wieder nicht leich mit meiner eigenenen Machtlosigkeit in dieser Sache konfrontiert zu sein.
In diesem Sinne vielleicht auch Demonstrationen als Zeichen der Machtlosigkeit und nicht um gegen eine Utopie anzukämpfen? Ich weiss es nicht.